Aus der Geschichte des Stover Rennvereins von 1874 e.V.
Ein Aufsatz, erstellt im Jahre 1998 von Bernhard Reimers (1928-2009)
Der Vorstand des Stover Rennvereins um 1910
Von links: Matthias Meyn, Niedermarschacht; Otto Harms, Schwinde; Meyn, Laßrönne; Ernst Vick, Stove, Heinrich Meyer, Krümse; Eduard Hoff, Vierlanden; August Vick, Stove, Zimmermeister Kloodt, Schwinde, Eduard Vick, Niedermarschacht; (die Dame ist leider nicht bekannt)
Der Vorstand des Stover Rennvereins 1998
hintere Reihe von links: Ernst Dierks, Marschacht; Fridus Kaven, Altengamme; Claus Eggers, Stove, Werner Franke, Krümse; Gotthard Feige, Krümse; Walter Harms, Elbstorf; Jürgen Maak, Schwinde, Günther Harms, Schwinde. Vordere Reihe von links: Günther Porth, Drennhausen; Bernhard Reimers, Stove; Hermann Ehling, Basedow; Herbert Vick jun., Tespe, Gerhard Blecken, Schwinde; Herbert Vick sen., Tespe; Jörn Reimers, Stove
Leider ist nicht alles aus der Geschichte des Vereins erhalten geblieben, weil vieles bei dem großen Brand im Jahre 1917 dem Feuer zum Opfer fiel. Was erhalten blieb, bietet jedoch soviel Interessantes, daß es wert ist aus Anlaß des 125. Geburtstags einmal der Vergessenheit entrissen zu werden.
Die Winsener Elbmarsch ist schon seit langem bekannt als eine Hochburg der Zucht des Hannoverschen Pferdes. In Stove auf dem Hof Nr.1 wurde bereits 1775 eine der ersten Deckstationen des Landgestütes Celle hier in der Winsener Elbmarsch eingerichtet, zuerst besetzt mit zwei Hengsten.Dies waren die Hengste „Patriot“ und „Econom“. Diese Hengststation bestand bis 1885, also 90 Jahre lang. Jahrzehnte standen auf dieser Station alljährlich fünf bis sechs Hengste aus Celle. Von weither wurden die Stuten nach Stove zum Decken gebracht. Aber Stove war nicht allein der Treffpunkt für die Züchter aus dem Altkreis Winsen. Aus dem Lüneburgischen und von jenseits der Elbe aus den Vier- und Marschlanden und aus dem Holsteinischen kamen die Stuten. Bereits seit 1716 bestand in Stove eine Elbfähre. Im Jahre 1800 verfügte sie über zwei Boote, einen Ewer mit einer Länge von 12 m und ein Boot mit 7,5 m Länge. Damit wurden während der Decksaison die Stuten hierher übergesetzt.
Die von jenseits der Elbe zugeführten Stuten wurden meist auf dem Harmsschen Hof in Pension gegeben,bis sie als tragend galten. Auf dem Hof befand sich während der Decksaison auch eine konzessionierte Schankwirtschaft. Dort wird man sicher oft und viel gefachsimpelt haben und dabei kam auch die Idee auf, Leistungsvergleiche für die Zucht anzustellen und außerdem die vielseitige Verwendbarkeit der Hannoverschen Pferde weiten Kreisen vorzuführen. Rennvereine wurden im 19. Jahrhundert in Mecklenburg gegründet und in den Kavallerie-Garnisonstädten wie Lüneburg, Celle, Hannover, Berlin und Hamburg.
Damals ist dann der Gedanke zur Gründung eines Rennvereins in Stove entstanden. Es war im Jahre 1874, als die ersten Anregungen greifbare Form annahmen. Nicolaus Zeyn berief eine Versammlung ein. Es wurde ein „Comite“ gebildet, das die Vorarbeiten zur Gründung des Rennclubs erledigen sollte. Aber auch sonst war man in Stove nicht müßig. Auf dem Stover Wärder hinter dem Stover Holz wurden umfangreiche mit ziemlich hohen Kosten verbundene Erdarbeiten zur Errichtung einer Rennbahn ausgeführt. Der Wärder gehörte den Hofbesitzern P.Harms und N.Zeyn aus Stove. Sobald als irgend möglich sollte der erste Renntag durchgeführt werden. Das Geläuf war nach damaliger Rechnung 3000 Fuß lang, das sind 876 m. Das erste vorhandene Protokoll der ersten Generalversammlung des Vereins stammt vom 25.April 1875. In dieser Versammlung wurden die nach Muster des Hamburger Traber-Clubs angefertigten Statuten für den Verein beschlossen. Mit den Hofbesitzren P.Harms und N.Zeyn wurde ein Pachtvertrag gegen Entschädigung für fünf Jahre abgeschlossen zur Nutzung der Rennbahn. Weiter wurde über den Namen „Rennclub Winsener Marsch“ verhandelt, den das vorbereitende „Comite“ dem Rennverein provisorisch gegeben hatte und beschlossen, den Namen abzuändern in „Stover Rennclub“. Dem ersten Vorstand gehörten an: Präses: Hofbesitzer P.Harms, Stove Vicepräses:Hofbesitzer H.Meyer , Elbstorf; Schatzmeister: Hofbesitzer N.Zeyn, Stove; Schriftführer; Hofbesitzer H.Lodders, Drage u. Hofbesitzer H.Ahrens,Rönne. Weiter gehörten als Deputierte zum Vorstand: P.Wiegels, Schwinde; P.Rehr, Marschacht; N.Brandt, Marschacht und A.Zeyn, Laßrönne.
Der erste Renntag fand am 18. Juli 1875 statt. Es war sicher ein großes Wagnis, aber es glückte. Von weit und breit strömten die Besucher zusammen und das Leben und Treiben auf der Rennbahn und abends in den Festzelten im Stover Holz war ein recht buntes. Nicht nur die Bewohner der Elbmarsch waren vertreten sondern auch viele Besucher aus den Vier- und Marschlanden waren in Stove. Das Programm verzeichnete sieben Rennen. Nicht nur Pferde aus der Winsener Elbmarsch waren genannt, auch aus Vierlanden waren Pferde in Stove, auch heute noch bekannte Namen darunter: Ich nenne hier Stahlbuhck,Curslack; Heitmann, Altengamme; Kellinghusen, Neuengamme; Michaelsen,Curslack; Wulff,Curslack. Wenn auch der Überschuß des ersten Renntages nur 3,88 M betrug so war doch der Zweck der Veranstaltung voll und ganz erfüllt. Immerhin hatte die Herrichtung der Rennbahn doch sehr viel Geld gekostet.
Im Jahre 1877 findet sich eine interessante Notiz in den Unterlagen. Der Secretär wird beauftragt beim Buchdrucker für das Rennen am 15.Juli zu bestellen: 1500 Eintrittskarten zu 50 Pfg; 100 Damenkarten ; 300 Stück Sattelplatz zu 1 Mark, 100 Sitzplatz zu 50 Pfg. und 200 Kinderkarten zu 50 Pfg . Der „Secretär“ vermerkt zu diesem Auftrag: „Zur Aushilfe sind noch alte Karten aus dem Vorjahr vorhanden“.
Von Jahr zu Jahr wurde das Rennprogramm besser ausgebaut. Bald brachten auch auswärtige Züchter ihre Pferde auf die Rennbahn nach Stove. Im Jahre 1881 lief im „Großen Trabreiten“ neben Pferden aus Stove, Elbstorf, Altengamme und Curslack, Hamburg und Altona die Stute „Kitty Clydi“ des Herrn G.Giddings aus Amerika. Im Jahre 1882 starteten sogar drei Pferde des Herrn Giddings in Stove; der gelbe Wallach „Blossom“, die braune Stute „Terry“ und der Schimmelwallach „Gray Bird“, ein Beweis der damaligen großen Bedeutung der Stover Rennbahn. Doch nicht allein auswärtige Züchter besuchten die Stover Rennbahn sondern auch die einheimischen Züchter starteten auf auswärtigen Bahnen. N.Zeyn,Stove, war um die Jahre 1883/85 mit seiner Stute „Paula“ Starter auf bedeutenden Rennbahnen in Berlin und Hamburg und hat dort als Herrenreiter Siege errungen.
Auch der Vater von Charly Mills, Anthonie Mills, damals Vereinstrainer auf der Trabrennbahn in Bahrenfeld, gewann mit seinem Pferd „Flying Dutchman“ im Jahre 1883 zwei Rennen in Stove.
Im Jahre 1882 erschien im Hamburger Fremdenblatt eine Anzeige: Stover Rennen am 23.Juli. Der Dampfer „Viktoria“ fährt zum Rennplatz 10 Uhr ab St.Pauli und 10.30 ab Grasbrook; zurück abends 8 Uhr ab Rennbahn Stove. Man beachte die Sorgfalt, mit der damals bereits Werbung betrieben wurde.
Das große Interesse der Hamburger an der so schön gelegenen Rennbahn in Stove ist auch daran zu erkennen, daß sich der Hamburger Union-Club Anfang der 80er Jahre bemühte, die Stover Rennbahn zu kaufen um sie mit der Bahn in Hamburg für sich zu nutzen. Die Verhandlungen führten jedoch zu keinem Ergebnis,weil der Besitzer der Rennbahn P.Harms die Angebote des Union-Clubs ablehnte.
Jahr für Jahr fand nun auf der Rennbahn hinter dem Stover Holz das beliebte Rennen verbunden mit einem großen Volksfest statt. Die starke Beteiligung auswärtiger Rennstallbesitzer ist sicher nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß die Rennen in Stove mit recht hohen Geldpreisen ausgestattet waren. So war z.B. im Jahre 1888 das Eröffnungsrennen mit 95 Mark, das große Trabreiten, die Korsofahrt und das Flachrennen mit jeweils 250 Mark und das Hürdenrennen sogar mit 330 Mark ausgeschrieben. Für damalige Zeiten und unter Berücksichtigung der rein ländlichen Verhältnisse eine beachtliche Leistung des Vereins.
Obwohl hier guter Pferdesport betrieben wurde ließ der Besuch aus Hamburg nach, weil auf den Hamburger Rennbahnen der Totalisator eingeführt worden war. 1886 betrug der Überschuß noch 223,77 Mark, 1887 war ein Minus von 67,72 Mark und 1888 waren sogar 532,77 Mark mehr ausgegeben als eingenommen wurden. Zur Deckung diese Defizits wurde eine der drei vorhandenen Obligationen Hamburger Staatsanleihe im Betrag von 500 M zu 510 M verkauft.
Im Jahre 1887 hatte der Rennclub ein Gesuch an den Regierungspräsidenten zu Lüneburg gerichtet mit der Bitte um Genehmigung eines Totalisators. Dieses wurde jedoch im Juli 1887 abgelehnt mit der Begündung, daß der Regierungspräsident es nicht für „erwünscht erachtet“, daß in Stove Einrichtungen getroffen werden, wie sie nur auf den größeren Rennplätzen üblich sind und Elemente von dem Besuch der Rennbahn in Stove fernzuhalten, die nur zur Belustigung am Spiel und an der Wette Rennen besuchen.
Im Jahre 1889 beschloß die Generalversammlung, in diesem Jahr kein Rennen abzuhalten, weil die Wirtschaftlichkeit wegen des nicht genehmigten Totalisators nicht gegeben sei. Auch in den folgenden Jahren fanden nur Generalversammlungen statt und 1892 wurde erneut ein ausführliches Gesuch auf Genehmigung eines Totalisators eingereicht, das ebenfalls abschlägig beschieden wurde, so daß der Verein nicht mit genügend Nennungen rechnen konnte. Dafür unternahmen die Mitglieder des Rennclubs mit Ihren Angehörigen eine Dampferfahrt nach der Unterelbe. Ab dann ruhten die Aktivitäten des Vereins, nachdem man beschlossen hatte, zwei Staatsanleihen zu verkaufen und das restliche Vermögen bei der Kreisbank in Winsen zu hinterlegen.
Am 16. August 1896 faßten die Mitglieder nach längerer Diskussion den fast einstimmigen Beschluß, nur eine Stimme war dagegen, den Rennclub aufzulösen. Ein Verein, der 22 Jahre lang segensreich für die Allgemeinheit gewirkt hatte, sollte aufhören zu bestehen. Wie schwer muß den Mitgliedern dieser Entschluß geworden sein? Es wurden Beschlüsse gefaßt über die Verwendung des restlichen Vereinsvermögens, u.a. sollte dem Krankenhaus „Bethesda“ in Winsen ein namhafter Betrag überwiesen werden.
Zur endgültigen Auflösung scheint es dann doch nicht gekommen zu sein. Am 24. Januar 1897 fand eine Versammlung der Mitglieder des Rennclubs statt, es wurde eine neue Satzung angenommen in der es in Paragraph 1 heißt: „Zweck des Clubs ist es, das Pferderennen in Stove wieder einzuführen und zu fördern !“ Diesem Grundsatz ist der Verein bis heute treu geblieben.
Inzwischen war auch das Radfahren in der hiesigen Gegend in Mode gekommen. Zwar gab es damals noch nicht soviel Fahrräder wie heute Autos und ein Radfahrer wurde damals sicher von alt und jung bewundert. Der Stover Rennclub machte sich diesen neuen Sport nutzbar. Im Rennprogramm für den 17. Juli 1898 für das Radfahrer- und Pferderennen auf der Rennbahn hinter dem Stover Holz sind zu Beginn drei Radfahrer-Rennen verzeichnet. Aus der Elbmarsch hatten genannt W.Mohrmann, Drage und P.Rick, Tespe. Aus Winsen standen im Tandemfahren G. Klindworth und C.Vicke im Wettbewerb mit Fahrern aus Hannover, Hamburg und Altona. Viermal mußten die Radfahrer die Bahn umrunden, eine Strecke von 3520 m. Insgesamt starteten 38 Radfahrer an diesem Renntag. Sechs Pferderennen zeigten gut besetzte Starterfelder, jedoch nur die Namen J. und H.Heitmann, Altengamme mit vier Nennungen sowie Hoppe, Siemers und Wobbe aus Vierlanden waren als Auswärtige im Programm, alle weiteren Teilnehmer kamen aus der engeren Umgebung von Stove. Das Programm nennt die Besetzung des Vorstandes : Präses war Ernst Vick,Stove; Vicepräses H.Meyn; Schatzmeister J.Maack und Sekretär war N.Meyn.
Leider gibt es seit 1898 bis 1918 keinerlei Aufzeichnungen mehr, weil alle Unterlagen dem großen Brand 1917 von Marschacht bis Schwinde zum Opfer fielen.Aber das Stover Rennen blieb über die Jahrzehnte wie es begonnen hatte der Treffpunkt für Jung und Alt aus der näheren und weiteren Umgebung. Die Einheimischen teilten den Jahresablauf nicht zu Silvester sondern „vor dem Rennen“ oder „nach dem Rennen“.
Nach dem ersten Weltkrieg am 18. Juli 1919 begann der Verein wieder mit den alljährlichen Renntagen. Teilnehmer und Zuschauer kamen aus der gesamten Lüneburger und Winsener Elbmarsch, von der Vorgeest und der hohen Geest, aus Vierlanden, dem Kreis Lauenburg und nicht zuletzt aus Hamburg wie man einigen vergilbten Presseberichten und Programmen entnehmen kann.
Den Ausschreibungen für das Rennen am 24. Juli 1921 ist zu entnehmen,daß die Geldentwertung sich auswirkte. Für sieben Rennen betrugen die Geldpreise ingesamt 6250,-Mark, für das Hauptrennen, den großen Stover Traberpreis z.B. 1500,- Mark.
Dies setzte sich 1922 fort, die Summe der Geldpreise betrug bereits 12300,- Mark. Der Eintrittspreis betrug 20.- Mark für den Sattelplatz und 10.- Mark für den Stehplatz. Doch der Reihe nach. Am 7.Mai 1922 fand das erste Reit- und Fahrturnier auf der Stover Rennbahn statt. Veranstalter war der Verband zur Förderung der Pferdezucht und zur Hebung des Reit- und Fahrsports im Regierungsbezirk Lüneburg. Es gab sieben Turnierprüfungen und nur zwei Rennen. Richter waren u.a. Exc. von der Decken, Major Henneberg, Major a.D.von Wedel, Major a.D.von Korndorf, Major von Mansberg, Graf Kalnein, dazu natürlich unsere Profis, die Herren August Vick, Ernst Vick und erstmalig den späteren langjährigen Vorsitzenden Amandus Vick aus der damaligen jüngeren Generation. Der Renntag des Jahres 1922 wurde am 23.Juli gestartet mit sechs Rennen, „erster Start um 3 Uhr nachmittags“ wie das Programm ausweist. Die Rennen waren gut besetzt und es wird sicher wieder ein klassischer Renntag gewesen sein.
1924 und 1925 weisen die Programme keine wesentlichen Änderungen aus. Sechs Rennen und zum Tagesausklang wurde von den Reitern des Reitervereins Handorf ein Quadrille vorgeführt. Dann ging es mit der Musikkapelle des Nachmittags in die Festzelte im Stover Holz , wo man sicherlich den Tag zünftig beendete. Nachsatz auf dem Programm: “ Montag Nachfeier im Zelt im Stover Holz.“ Diese Nachfeier war in der Regel verbunden mit einem Milchkarrenrennen, wie ich aus Erzählungen meiner Vorfahren erfuhr.
Im Jahre 1926 wurde nach dem Rennen die Quadrille geritten von 32 Reitern in Uniformen der Vorkriegzeit. Die Programme der Jahre 1926 und 1927 enthalten auch Turnierprüfungen Jagdspringen und Eignungsprüfungen für Reit- und Wagenpferde.
Im Jahr 1928 schreiben die „Winsener Nachrichten“ u.a. : „Viele hunderte von Zuschauern fanden sich auf der Rennbahn ein. Die Rennen boten manchen spannenden Augenblick. Die Sanitätskolonne aus Winsen hatte keine Ursache zum Einschreiten, Unglücksfälle kamen nicht vor. Das Harmonie-Orchester Geesthacht hatte stundenlang die Besucher erfreut. Abends sah man in den Festzelten der Herren Otto Elvers und Bernhard Reimers nur fröhliche Menschen, die sich den Freuden des Stover Rennens hingaben“. Am 21. Juli kostete p.Tonne: Weizen 240.- und Gerste 212.- RM. Für ein Glas Bier wurde 0,20 und für Kümmel 0,15 bezahlt. Das Beefsteak mit Kartoffeln und Kompott wurde für RM 1,30 angeboten.
Die Renntage 1929 bis 1933 liefen ähnlich wie in den Vorjahren ab. Einige Turnierprüfungen fanden vormittags statt; nachmittags die Siegerehrungen für diese Prüfungen und dazu je sechs bis sieben Rennen. 1932 wurde das erste Amazonenrennen gestartet und als Abschluß des Tages ein Motorradrennen als besondere Schaunummer.
1934: 60 Jahre Stover Rennen mit dem üblichen Programm und als Abschluß eine Vorführung eines modernen Kavalleriezuges des Reiterregimentes 13 aus Lüneburg, Dazu schreibt die Zeitung: „So ist den Pferdesportbegeisterten Gelegenheit gegeben, unsere schneidige Kavallerie beim Exerzieren zu bewundern.“ 1934/35 war der Turnierplatz vom damaligen Reichsarbeitdienst, der in Krümse seine Unterkunft hatte, mit Schiebkarren und Schaufeln planiert worden, um als Exerzier- und Sportplatz zu dienen. Bei dieser Gelegenheit wurde auch das Geläuf der Rennbahn planiert.
1935 wurde der 1.Vorsitzende Amandus Vick 1.Vereinsführer und der 2. Vorsitzende August Vick erhielt den Titel 2.Vereinsführer. Unter der Rennleitung erschienen Titel wie Standartenführer und Sturmführer. Diese Herren versahen ihre Aufgaben auf der Rennbahn in Uniform, wie der Verfasser dieses Rückblicks aus eigener Anschauung erinnert. Die Quadrille wurde geritten von der Reitabteilung des Reitersturms 4/60 unter Sturmführer Fritz Granse. Es waren jedoch die gleichen Reiter wie vor 1933 und die Veranstaltung lief ab wie in den 60 Jahren vorher.
1937 berichten die Winsener Nachrichten über Turnier und Rennen: „Auf einem der ältesten Rennplätze im Hannoverschen: Es herrschte echtes Stover Rennwetter, frühmorgens hatte es geregnet, doch die steife Brise von Westen trieb die Regenwolken auseinander und ab und zu schien sogar die Sonne“ und aus einer Rede eines „Gauamtsleiters“ wurde zitiert :“ Daß das Turnier in Stove, welches von jeher ein echtes Volksfest gewesen ist, das Fest des Elbdeiches bleibt, dazu muß einfach jeder beitragen.“ In den Festzelten im Stover Holz wurde gefeiert und getanzt bis der neue Tag mit seinen Pflichten rief.
1938 begann die Veranstaltung bereits am Sonnabend mit den Vielseitigkeitsprüfungen, bestehend aus Geländeritt , Handgranatenzielwurf und Kleinkaliberschießen; Sontags weitere sechs Turnierwettbewerbe und sechs Rennen. 1939 weist das Programmheft die gleiche Abfolge des Turniers und der Rennen auf. Die Anzahl der Nennungen hat wieder zugenommen Bei herrlichstem Wetter verzeichnet der Renntag einen neuen Besucherrekord.
Dies ist der letzte Renntag vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges. Die jungen Reiter und viele Pferde wurden zum Wehrdienst eingezogen und manche kehrten nicht zurück. Der Stover Rennverein stellte seine pferdesportlichen Aktivitäten ein bis zum Jahr 1946. In diesem Jahr wurde eine Reitabteilung gegründet. Ausbilder und Reitlehrer waren die Herren Hennig Meyer, Elbstorf und Fritz Granse aus Winsen. Bald hatten sich mehr als 15 junge Reiterinnen und Reiter eingefunden, um an den Reitstunden teilzunehmen. Auch ein anderer Reitausbilder wurde gefunden, ein ehemaliger Offizier namens Schröder, der in Tespe wohnte. Damit wurden auch mehrere Reiter aus Tespe in die Abteilung integriert. Der örtliche Polizist, Herr Gavenus, hatte oftmals den Reitstunden zugesehen. Er war auch aktiver Reiter gewesen und hatte sich nach dem Fortzug des Herrn Schröder angeboten,die Ausbildung zu übernehmen. Jahrelang leitete er die Ausbildung sehr forsch und mit militärischer Ordnung und Erfahrung. Die Reitabteilung nahm an vielen Turnieren teil und auch an den Standartenwettkämpfen des Kreises. Einmal gelang es der Gruppe sogar, die Kreisstandarte zu erringen.
Man schrieb den 18. Juli 1948. Die Währungsreform war gewesen . Der erste Renntag nach dem großen Krieg wurde ein voller Erfolg. Mehr als 130 Nennungen weist das Programm aus. Das Stover Rennen hatte seine Attraktivität nicht verloren. Bereits am Freitagabend trafen die ersten Gespanne der Teilnehmer ein ,um in der Elbmarsch bei Verwandten und Bekannten untergebracht zu werden. So ging es am Sonnabend und am Sonntag weiter. Die Zuschauer kamen mit dem Kutschwagen, mit dem Fahrrad und zu Fuß zum Rennen. Mehr als 1500 Fahrräder wurden auf dem Abstellplatz gezählt. Die vorhandenen Eintrittskarten reichten nur für die Hälfte der Gäste, so daß weiter mit Bonbüchern des Gastwirts kassiert wurde. Das Wetter war optimal. Es war ein Traumtag, der die Renntage der Vorkriegszeit weit übertraf, das Stover Rennen hatte seine Anziehungskraft nicht verloren.
1949 fand das Stover Rennen am 24. Juli statt. 232 Nennungen stehen im Programm. Es gibt sechs Rennen für inländische Reitpferde, sechs Turnierwettbewerbe und erstmalig zwei Rennen für Traber. Nach den Erfahrungen des Vorjahrs war die Zahl der Funktionäre verdoppelt, um die Veranstaltung reibungslos abwickeln zu können. Erstmalig bestand die Möglichkeit, am Schreibtoto bei Buchmacher Brockmann aus Harburg Wetten anzulegen. Nach 73 Jahren seines Bestehens war es dem Rennverein endlich gelungen, dafür eine Genhmigung zu bekommen. Damit war das Tor für die Hamburger Freunde des Rennsports geöffnet.
Am 23. Juli 1950 Stover Rennen , 263 Nennungen und 29 Traber. Der Winsener Anzeiger schreibt : „Stover Tradition, das Fest des Jahres hat seinem Ruf in der Winsener und Lüneburger Elbmarsch, auf der Geest und in den Vierlanden alle Ehre gemacht. Trotz anhaltender Regenschauern hatten sich tausende von Besuchern eingefunden, darunter der Landrat Hellbach und Oberkreisdirektor Dr.Dehn.“ 14 Programmnummern, von 8 Uhr bis gegen 20 Uhr war das Riesenprogramm abgelaufen und der Festball in den Zelten beschloß diesen Tag am Stover Holz.
1951 wurden Renntage im Juli und im September veranstaltet. Doch das bewährte sich nicht, der Renntag im September deckte nicht die Kosten. 1952 am 20. Juli gibt es 18 Prüfungen, davon fünf Traberrennen, fünf Rennen für Reitpferde und acht Turnierprüfungen, ein Mammutprogramm. Beginn 8 Uhr und Ende um 19 Uhr, auch für die Funktionäre eine echte Leistung. Im Jahre 1953 wurde das Turnier auf den Sonnabend verlegt. Nur die Siegerehrungen, ein Jagdspringen und elf Rennen fanden am Sonntag statt. Dies war sicher die beste Lösung für alle. Diese Zeiteinteilung wurde in den folgenden Jahren eingehalten, weil sie sich bewährt hatte.
Das Stover Rennen verlor seine Anziehungskraft nicht, alljährlich an einem Julisonntag brach das Rennfieber am Elbdeich aus. Im Jahre 1957 mußte der Sonntags- Renntag um 17.30 Uhr abgebrochen werden, nachdem zwei schwere Gewitter die Rennbahn unter Wasser gesetzt hatte. Doch der Stover Reitabteilung war es an diesem Tag vergönnt, die Kreisstandarte seit ihrer Gründung 1946 zum zweitenmal zu erringen.
Am 1. Oktober 1961 und am 30.September 1962 veranstaltete der ADAC-Motorsportclub Geesthacht auf der Stover Rennbahn ein Grasbahnrennen für Motorräder aller Klassen. Die Presse schreibt: „Heute bekommt die Rennbahn anstatt der Pferdehufe die greifenden Reifen von Motorrädern zu spüren. In Zylindern geballte Pferdestärken geben ihr Debut in Stove.“ An die 10.000 Menschen säumten das weite Runde der Rennbahn. Geruch von Benzin und Äther tränkte die Atemluft. Soviel Menschen hatte die Stover Rennbahn wohl bisher noch nicht gesehen.
In den Jahren 1965, 1968 und 1969 mußten die Renntage leider kurzfristig abgesagt werden, weil Hochwasser auf der Bahn stand. Die vorgesehenen Termine lagen im Mai und der Vorstand beschloß, niemals wieder einen Renntermin bereits im Mai festzusetzen.
Ab dem Jahr 1970 wurde der Turnierbetrieb eingestellt und nur noch Rennen mit Toto gestartet, weil inzwischen so viele junge Vereine mit Turnierveranstaltungen hier im Gebiet entstanden waren, denen wir keine Konkurrenz machen wollten. Stove war inzwischen zum Synonym für Rennen geworden.
1972 wurde als Jugendabteilung des Stover Rennvereins, die Voltigierabteilung, in der Reithalle von Herbert Vick gegründet. So sorgt der Verein für seinen reiterlichen Nachwuchs.
Im Jahre 1974 wurde „100 Jahre Stover Rennen“ festlich begangen. Am 30. August wurde ein Empfang gegeben mit den Reitvereinen des Kreises Harburg. Das Programm weist u.a. fünf Trabrennen aus mit Preisgeldern von insgesamt DM 5400,-. Es gab eine sehenswerte Standartenparade des Kreisreiterverbandes, die allerdings von einer gewaltigen Hagelschauer unterbrochen wurde.
Die Renntage der Jahre 1975 bis 1977 boten keine besonderen Höhepunkte. Im Jahre 1978 sollte das letzte Rennen vor dem Bau des neuen Elbdeiches stattfinden, jedoch Petrus ließ diese Veranstaltung nicht zu. Starke Regenfälle hatten das Geläuf unpassierbar gemacht und die Rennleitung entschloß sich kurzfristig wegen der Unfallgefahr für die Teilnehmer zur Absage der Rennen.
1983 war die neue Bahn hergestellt. Der neue Elbdeich war die Tribüne. Für die Sulkifahrer wurde das Geläuf wegen der engen Kurven allerdings schwieriger. Mit dem Elektronentoto unter der Leitung von Herrn Hans Ribcke zog die Moderne auf der Stover Rennbahn ein. Zwölf Rennen wurden gestartet, davon vier Trabrennen mit Geldpreisen von i.Sa. DM 5.800,-, vier Galopprennen für Reitpferde, drei Ponyrennen und das Trabreiten.
Im Jahre 1984 wurde der Rennverein Eigentümer der Rennbahn in Stove. Der Artlenburger Deichverband verkaufte das Gelände an den Rennverein. Landkreis, Samtgemeinde und die Gemeinden unterstützten dieses Vorhaben mit namhaften Zuschüssen.Dies ist ein Markstein in der Historie des Rennvereins und ein Ansporn für die nachfolgende Generation im Verein, im Sinne der Gründer fortzufahren. Der Besuch der Rennen und damit auch der Umsatz des Totos verzeichnete von Jahr zu Jahr Zunahmen, nicht zuletzt durch die gute Zusammenarbeit mit der HTRG. Alljährlich wurden Baumaßnahmen zur Verbesserung des Geläufs vorgenommen. Die engen Kurven wurden überhöht, ein neuer Richterturm wurde beschafft, Zelte für den Toto hergestellt.
1986 legte Gerhard Blecken den Vorsitz in jüngere Hände. Gerhard Blecken hatte das Vereinsschiff durch die wohl schwerste Periode seit der Gründung gesteuert. Neuer Vorsitzender wurde Herbert Vick jun. aus Tespe, mit damals gerade 27 Jahren wohl der jüngste Vorsitzende eines Traditionsvereins. Alljährlich im Juli trafen sich Freunde des Pferdesports, Züchter und Liebhaber, Schaulustige und Zocker an dem weiten Oval der Rennbahn am Stover Strand.
Am 3.und 4. September 1988 flitzten die „Hoverkraft“-Luftkissenboote über die Rennbahn, über die Sandbank und den Elbstrom. Leider blieb diese Veranstaltung eine „Eintagsfliege, weil die Bezirksregierung dem Einspruch eines damaligen Bürgers von Stove wegen Lärmbelästigung stattgab.
1989 litt das Stover Rennen unter Dauerregen, nur 1500 statt der gewohnten über 5000 Zuschauer, Totoumsatz nur DM 50.000,- , der Vorstand war gezwungen, einen namhaften Kredit bei der Hausbank zur Deckung der Kosten aufzunehmen, dies ist eben das Risiko jeder Freiluftveranstaltung.
1991 wird die Zielgerade mit einem Metallzaun versehen, die Rennbahn wird in der Fernsehserie „Neues vom Süderhof“ zur Kulisse, der Wettumsatz erreicht schwindelnde Höhen, mehr als DM 260000.-; Preisgelder DM 31000.-; 7000 Zuschauer, dies ist das Facit des Renntages.
1993 wird das Geläuf vollständig mit dem neuen Zaun versehen. Erstmalig präsentiert sich der Rennverein auf der Messe „Hansepferd“ in Hamburg, eine zugkräftige Werbung. Die Zahl der Besucher erhöht sich von Jahr zu Jahr, die Umsätze der Totoschalter steigen, die Parkplätze reichen kaum noch für die Autos, die Presseberichte sind voller Lob: „…glänzend organisierter Pferdesport mit Spaß und Spannung in einer herrlichen Landschaft am Ufer der Elbe mit bunter Rennbahngastronomie, der ideale Treffpunkt für Freunde des Pferdesports aus ganz Norddeutschland.“ Rund 200 Damen und Herren sind jetzt am Renntag in Stove tätig, um die Veranstaltung reibungslos abzuwickeln. Diesen allen gebührt ein großes „Dankeschön“. Hiermit möchte ich diesen Rückblick in die Geschichte des Stover Rennvereins ausklingen lassen. Viele Einzelheiten konnte ich dem Winsener Anzeiger und seinen Vorgängern in Winsen entnehmen, manches ist mir aus Erzählungen meiner Vorfahren und anderen älteren Vereinsmitgliedern bekannt. Bei weitem nicht alles konnte ich verarbeiten. Ich hoffe jedoch, die wesentlichen Ereignisse aus der Geschichte des Vereins erwähnt zu haben. Sicher bin ich, daß auch die nachfolgenden Generationen im Sinne der Gründer des Stover Rennvereins handeln werden und das Stover Rennen erhalten und fördern solange es noch Pferde gibt.
Bernhard Reimers